Das Kapital

Konzerte ganzjähhrig auf Anfrage

Edward Perraud_Schlagzeug
Hasse Poulsen_Gitarre
Daniel Erdmann_Tenor- & Sopransaxophon

www.das-kapital.com

CD: VIVE LA FRANCE, Label Bleu, Februar 2019

Wann haben Sie zum letzten Mal „La mer“ oder „Ne me quitte pas“ gehört? Patrick Hernandez‘ Disco-Knaller „Born To Be Alive“ oder „Comme d’habitude“, die französische Vorlage zu Sintras Ego-Hymne „My Way“? Die erste „Gymnopedie“ von Impressionismus-Ikone Satie oder Stücke aus Renaissance und Barock, etwa von Lully? Egal, wie lange es her sein mag, so wie hier waren diese „Hits“ aus rund 430 Jahren Musikgeschichte noch nie zu erleben. Das Kapital, weithin gefeiert als versiertes Jazztrio mit charakteristischem Ausdruck, transzendiert die höchst unterschiedlichen Vorlagen in seinen eigenen Kosmos. Mit hintersinnigem Witz schneidert die Band den Stücken ein hinreißend neues Klanggewand, das ursprüngliche Genrezugehörigkeiten vergessen lässt oder gar absichtsvoll konterkariert. Etwa wenn das ehemals hedonistische „Born To Be Alive“ unvermittelt Blues-Züge annimmt oder „Vertigo“, 1746 von Joseph-Nicolas-Pancrace Royer geschrieben, plötzlich zu rattern beginnt wie eine Punkjazz-Parodie.

Bekannt wurde die 2002 gegründete, pan-europäische Band der Individualisten mit eigenwilligen Eisler-Interpretationen. Auf zwei Alben transferierten Erdmann, Poulsen und Perraud 2009 und 2011 Songs des legendären Komponisten Hanns Eisler ins Jazz-Idiom. Für ihren ironischen Biss auf „Ballads & Barriades“ wurde die Band mit dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Auch bei ihren folgenden Studio-Produktionen, zuletzt Ende 2015 „Kind Of Red“ mit durchweg eigenen Kompositionen, ließen die meinungsfreudigen, vielfach preisgekrönten Virtuosen ihre politische Haltung durchschimmern. Natürlich beziehen sie sich dabei auch auf Traditionslinien des freien Jazz. Man denke nur an jene Musiker in den Vereinigten Staaten, die einst der afro-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung nahe standen. Oder an die europäische Freejazz-Bewegung der späten Sechziger.

Das neue Album „Vive la France“ klingt fokussierter und vollkommener denn je. Inhaltlich erweist Das Kapital nun der populären Musik seiner ersten respektive zweiten Heimat Referenz. Edward Perraud wurde in Nantes geboren, der Berliner Daniel Erdmann ist schon länger überwiegend in Reims ansässig und der Däne Hasse Poulson lebt, nach Boston und Kopenhagen, seit Jahren in Paris. „Der Titel der Platte ist natürlich ironisch gemeint. Es ist doch total absurd, dass Nationalisten jetzt an vielen Orten wieder stärker werden“, sagt Daniel Erdmann. „Manche der Stücke, die wir eingespielt haben, mögen zum nationalen Kulturgut Frankreichs gehören, aber sie sind sicher kein Soundtrack zu Patriotismus.“

Ein zentrales Element der Musik von Das Kapital ist Sound. Erdmanns Tenorsaxophon fesselt durch sein warmes, tiefgründiges Timbre, eine latente, eruptive Energie und pointiert angerauten Ausdruck. Perraud weiß dank klassischer Schlagwerkausbildung, wie man neben rhythmischen auch klingende Akzente setzt. Poulsen spielt filigrane, gezupfte Motive auf der akustischen Gitarre, streicht flirrende Töne mit dem Geigenbogen, entlockt der E-Gitarre harsche Riffs oder greift zur Mandoline. Das Trio kennt keine Tabus, wechselt von melodischen zu abstrakten Passagen, vereint Stilmittel unterschiedlicher Genres. Was aber am wichtigsten ist: alle hören einander zu, gehen auf Ideen der anderen ein. So entsteht eine wunderbare Transparenz und gleichzeitig seltene atmosphärische Dichte, die live (in ausgedehnteren Improvisationen) umso spektakulärer wirken kann.

„Vive La France“ Photos, © Denis Rouvre

 


Presse:

Wenn also Daniel Erdmann, Saxophone, Hasse Poulsen, Gitarre, und Edward Perraud, Schlagzeug, die sich als Trio Das Kapital nennen, ein Programm mit dem Titel „Vive la France“ spielen, dann ist das weder nostalgisches noch gar nationalistisches Gedudele. „Vive la France“ ist aufgerauter, melodisch orientierter Dekonstruktivismus, der sich sein Material in der populäreren Musikgeschichte Frankreichs zusammengesucht hat. […] Daniel Erdmanns Weg führt durch die Jazz-Geschichte des Tenorsaxophons. Man hört verschiedene Bezüge und Einflüsse, vor allem aber einen Sinn für melodische Wärme und eine reibungsreiche Tongebung, die alles Geglättete und Polierte vermeidet und auf Mehrdeutigkeit besteht. Hasse Poulsen verfügt als Gitarrist über ein erstaunliches Ausdrucksspektrum, von leichtgängigem Fingerpicking bis hin zu elektronisch bearbeiteten Klangfärbungen und weiten Melodiebögen, und er arbeitet damit stilsicher und unvorhersehbar. Edward Perraud ist als Schlagwerker vor allem Klangkünstler, der rhythmische Perioden so nebenbei erledigt, dabei sparsam, verfremdend, akzentuiert und spontan zugleich agiert und zwischendurch immer mal ein klanglich und materiell enorm elastisches Becken benutzt. Das Programm „Vive la France“ wird so zu einem Statement, das sich aus vielen Strömungen und Komponenten zusammensetzt und gerade im Club Voltaire auch daran erinnert, dass vor einem halben Jahrhundert der deutsche Blick nach Frankreich fast unvermeidlich politisch grundiert war und den Mai 68 zum Leitmotiv machte. Es liefert so auch Material für den Blick auf Zeiten, die sich dramatisch und tückisch verändern. Das ist kein Grund, die schönen alten Melodien zu vergessen, sondern ein Anlass, sich ihre komplizierten Geschichten zu vergegenwärtigen. Bemerkenswert, dass Musik dafür Anlässe liefern kann. Hans-Jürgen Linke, Frankfurter Rundschau
Ist das deutsch, dänisch, französische Trio eigentlich noch ein Band oder schon eine Institution? Auf jeden Fall ist Das Kapital für den aktuellen Jazz über die Mitte Europas hinaus unschätzbar. Wo andere mehr oder weniger starr Traditionen umspielen, zeigen Saxofonist Daniel Erdmann, Gitarrist´Hasse Poulsen und Schlagzeuger Edward Perraud auf „Kind of Red“ Klassenbewusstsein: Erdig swingend schwingt man sich in die große Traditionslinie des Jazz, Kabinettstück an Kabinettstück. Der Bandsound ist transparent und unverbraucht, hat Wucht, Witz und vor allem unalltägliche Wirkmächtigkeit. Das ist ein immerwährendes Geben und Nehmen, kommt aus ohne gekünstelte Tricks und landet ganz auf der Höhe der Zeit.
Ulrich Steinmetzger, Freie Presse

Laudatio für den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik im Bereich Jazz
„Hanns Eisler gehört zu den glücklosen Gestalten der Musikgeschichte. Nach stürmischen Weimarer Jahren wurde er verfolgt, vertrieben, dann sozialistisch vereinnahmt und letztlich bis heute in seiner Bedeutung als Komponist nicht immer mit dem nötigen Ernst gewürdigt. Das 2002 gegründete Trio „Das Kapital“ macht da die Ausnahme und das auf ungewöhnliche Weise. Denn der Saxofonist Daniel Erdmann, der Gitarrist Hasse Poulsen und der Schlagzeuger Edward Perraud nähern sich Eislers Musik aus der Perspektive schelmischer Bewunderung. Man hört ihnen an, dass sie die Stücke lieben, aber zugleich sind sie aufmerksam genug, um aus den Interpretationen keine Heldenverehrung werden zu lassen. Der Zugang ist rau und leidenschaftlich, Idyllen bröckeln, Klischees der Darstellung implodieren oder werden mit Hörgewohnheiten anderer Genres verschnitten. Mal ist es ein Hauch von Bossa Nova, mal eine Prise Blues, dann wieder der Schrei der improvisierenden Freiheit, der Stücken wie den „Moorsoldaten“, „An den deutschen Mond“ oder dem „Einheitsfrontlied“ das Biedermeierliche der Propaganda nimmt, um sie mit neuer Ernsthaftigkeit zu füllen. Die karge, aber virtuos agierende Besetzung tut ihr Übriges, um Eislers Musik ebenso porös wie provokant, ebenso fragil wie furios klingen zu lassen. So ist Ballads & Barricades ein Meisterstück künstlerischer Empathie, kantig, frech und mitreißend.“ Ralf Dombrowski

Und weil der Mensch ein Mensch ist…
Sie waren die Abräumer der jüngsten jazzahead! in Bremen. Das Kapital bestritt den Schlussakkord beim German Jazz Meeting. Aber diese 20 Minuten hatten es in sich. Saxofonist Daniel Erdmann, Gitarrist Hasse Poulsen und Drummer Edward Perraud. Die Leidenschaft, mit der das Trio die Vorlagen des deutschen Komponisten und Freundes von Bertolt Brecht und ernst Busch umsetzte, riss selbst die saturiertesten Zuhörer aus den Sitzen. Obgleich die Stücke über ein halbes Jahrhundert alt sind, scheinen sie unmittelbar aus aktuellen Zwängen und Nöten geboren. Lieder wie die „Moorsoldaten“ oder das „Solidaritätslied“ klingen in der unüberhörbaren Bissigkeit dieser Interpretationen auch heute noch wie Kommentare zum politischen Zeitgeist. Das ist Jazz, der sich aus der neutralen Zone verabschiedet und in die Offensive geht. Das ist unverhohlener Protest gegen Finanzhegemonie und Afghanistaneinsatz. Davon blieb niemand unberührt. Die drei Musiker lassen alles raus, was sie bedrückt, aber weder live noch auf CD überziehen sie zu irgendeinem Zeitpunkt. Im Gegenteil, sie überzeugen restlos mit präzise kalibrierter Jazz-Energie, wie sie es seit Peter Brötzmanns Version des Einheitsfrontliedes im deutschen Jazz nicht mehr gab. Chapeau!
Wolf Kampmann, jazzthing

 

 

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